Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Forschungsprofil

Genetisches Prinzip und Best-Practice-Forschung

Lehr-Lern-Probleme
Politikunterricht erscheint auch deshalb lebensfern, weil der Transfer von konkreten Fällen zu abstrakten politischen Erkenntnissen kaum gelingt (Kuhn/Massing 1999). Politische Urteils- und Identitätsbildung leidet darunter, dass erstens Erfahrungen, Gesellschaftsbilder und Alltagstheorien von SchülerInnen nicht genügend Raum erhalten (Giesecke 1976; Sander 2001) und zweitens Konzeptwechsel-Strategien, anders als in den Naturwissenschaftsdidaktiken (Duit 1996), kaum konzipiert, geschweige denn erprobt werden (Grammes 2002).

Fachdidaktische Konzeption
Die genetische Methodik der Lehrkunstdidaktik (Wagenschein 1991; Berg/Schulze 1995) bietet schulerprobte Lösungen an: SchülerInnen werden intrinsisch in die Dynamik der Wissens-Konstruktion verwickelt, indem sie wissenschaftlich relevante Phänomene in einem frühen, ungelösten, irritierenden Entwicklungsstadium kennen lernen, das Neugier weckt, Alltagsdeutungen anregt und erschüttert: Der immer schon situative und genetische Lernprozess (Piaget) wird zur expliziten Lehrstrategie (Montada 2002; Reinmann-Rothmeier/Mandl 2001). Die Bildungsgangforschung (Meyer/Schenk/Hericks) ergänzt den Lehrkunst-Ansatz um Analysekonzepte für subjektive Bildungsgänge.

Kerncurriculum
Die Übertragbarkeit der Lehrkunst auf politisches Lernen gilt es an paradigmatischen Unterrichtsmodellen zu prüfen, die so zu Best-Practice-Modellen heranreifen sollen. Im Lehrstück "Dorfgründung" (Petrik 2008) beispielsweise gründen SchülerInnen eine fiktive Dorfgemeinschaft, entdecken gesellschaftliche Konfliktlinien und handeln ihre Politikvorstellungen aus. Sie gleichen sie mit den vier idealtypischen Grundorientierungen ab (Liberalismus, Konservatismus, Sozialismus, Anarchismus; vgl. Kitschelt 1994), lernen aus deren Perspektiven politische Konflikte zu debattieren und versuchen schließlich, einen entwicklungsoffenen eigenen Standort zu begründen.

Lernprozessforschung
Bisher habe ich den genetischen Ansatz explorativ erforscht. Ich habe die Lernentwicklung von drei exemplarisch ausgewählten, maximal kontrastierenden SchülerInnen während der Dorfgründungssimulation in einer 13. Klasse untersucht (Petrik 2007). Ziel solcher Studien ist, per Interaktions- und Argumentationsanalyse (nach Krummheuer/Naujok 1999 u. Miller 1986) "fruchtbare Momente", Auslöser für Konzeptwechsel sowie förderliche und hinderliche didaktische Rahmenbedingungen zu finden. In Zukunft sollen weitere Unterrichtsmodelle konzipiert, erprobt und optimiert werden, so wie größer angelegte, möglichst auch bi-nationale Vergleichsstudien folgen, um schließlich ein Modell schulischer Sinnbildungs- bzw. Politisierungstypen (inhaltsbezogene Entwicklung von Alltagstheorien inklusive typischer Lernschwierigkeiten) und einen Fundus erprobter Unterrichtsmodelle in Form von Regiebüchern zu erstellen.

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